Erwachsene und Kinder mit PWS verbrauchen weniger Energie als gesunde Menschen – deswegen muss ihre Ernährung besonders sorgfältig darauf abgestimmt sein, um Übergewicht und seine negativen gesundheitlichen Folgen zu vermeiden. In unserem zweitem Ernährungswebcast mit Dr. Constanze Lämmer erläutern wir die Grundlagen des Energieumsatzes, erklären inwiefern der Stoffwechsel bei Menschen mit PWS verändert ist und wie die Ernährung am besten auf den reduzierten Energiebedarf angepasst wird: https://youtu.be/fo62-d6xT-E

Grundlagen des Energieumsatzes beim Menschen

Der tägliche Energieverbrauch eines Menschen setzt sich aus dem sogenannten Grundumsatz, dem Verbrauch durch Aktivität und Bewegung und der Thermogenese zusammen. Der Grundumsatz macht mit etwa 50-70% dabei den größten Teil unseres Energieumsatzes aus – darunter ist die Energie zusammengefasst, die unser Körper für die Aufrechterhaltung der grundlegenden benötigt. Kurz gesagt: die Energie, die wir benötigen würden, wenn wir uns überhaupt gar nicht bewegen würden. Der Grundumsatz jedes Menschen ist individuell verschieden und wird durch Genetik, Geschlecht, Alter, Hormonsituation und Trainingszustand beeinflusst. So haben Männer beispielsweise einen höheren Muskelanteil und einen anderen Hormonstatus als Frauen, folglich liegt auch ihr Grundumsatz höher.

20 – 40% unseres täglichen Energieumsatzes werden für Aktivität und Bewegung verbraucht: Egal ob Sport, Physiotherapie oder Treppe statt Aufzug – alle diese Entscheidungen zahlen auf einen höheren Aktivitätsverbrauch ein. Unter Thermogenese versteht man die Wärmeproduktion des Körpers im Rahmen der Nahrungsaufnahme und die Abgabe von Energie an die Umgebung. Dafür werden zwischen 10 – 30% unseres täglichen Energieumsatzes benötigt.

Das PWS: veränderter Stoffwechsel, geringerer Energieverbrauch

Der Stoffwechsel von Menschen mit PWS funktioniert etwas anders: Sie haben meist weniger Muskelmasse und einen herabgesetzten Muskeltonus und eine verringerte Produktion von Wachstumshormonen. Auch der thermogenetische Effekt ist bei Ihnen abgeschwächt, häufig kommt auch noch eine Schilddrüsenunterfunktion hinzu. All diese Faktoren reduzieren den benötigten Grundumsatz. Die verringerte Muskelmasse wirkt dabei gleich doppelt negativ: Sie sorgt nicht nur für einen geringeren Grundumsatz, sondern auch dafür, dass bei sportlichen Aktivitäten weniger Energie verbraucht wird als bei einem Menschen mit mehr Muskelmasse. Der Energieverbrauch eines Menschen mit PWS beträgt deshalb nur rund zwei Drittel des Energieverbrauches eines altersgleichen Menschen ohne PWS – und das vom Tag seiner Geburt an.

Trotz des verringerten Bedarfes ist es bei Säuglingen mit PWS zu Beginn oft herausfordernd die benötigte Energie über Nahrung aufzunehmen: Die typische Muskelhypotonie verursacht Probleme mit der Atmung und der Nahrungsaufnahme, zudem sind Babies mit PWS oft still und äußern keinen Hunger. Zu Beginn sind deshalb zunächst acht, später sechs feste Mahlzeiten pro Tag angeraten, die fehlende Nahrungsmenge kann bei Bedarf über eine Magensonde zugeführt und gegebenenfalls mit Rapsöl als zusätzlichem Energielieferanten angereichert werden. Mit einem Jahr können die meisten Kinder mit PWS ihren Energiebedarf über die das eigenständige Essen abdecken.

Wiegen & Perzentilen: So behält man das Gewicht kontinuierlich im Blick

Nun gilt es, wachsam zu sein und sorgfältig darauf zu achten, das Normalgewicht Eures Kindes zu halten. Das Gewicht könnt Ihr am besten anhand der Perzentilenkurve kontrollieren:  Sie zeigt, wo Euer Kind im Vergleich zu seinen Altersgenossen steht. Jeder Mensch wächst dabei auf einer individuellen Kurve, es ist deshalb wichtig, dass ein Kind „seine“ Perzentile möglichst nicht verlässt.

Einen genaueren Blick, ob Gewicht und Größe eines Kindes zusammenpassen, liefert der Body-Mass-Index (BMI). Ziel ist es, einen BMI im grünen Bereich zwischen der 10. und 90. Perzentile zu erreichen und zu halten. Liegt man darüber oder darunter, kann dies durch eine Anpassung der täglichen Kalorienmenge korrigiert werden.

Wie sieht der Energiebedarf bei ausgewachsenen Menschen mit PWS aus?  Auch hier kommt es darauf an, ob der BMI im grünen Bereich oder darunter bzw. darüber liegt. Ist der BMI in Ordnung, kann der tägliche Kalorienbedarf so berechnet werden: 8/9 kcal pro cm Körperhöhe. Ist eine Abnahme erwünscht, reduziert sich der Bedarf auf 7 kcal pro cm Körperhöhe. Bei einer gewünschten Gewichtszunahme dürfen 10-11 kcal pro cm gegessen werden.

Energieaufteilung über den Tag: Die Aufteilung der Mahlzeiten

Für Menschen mit PWS sind 5-6 Mahlzeiten pro Tag optimal, die Energiemengen sollte dabei jeweils zu einem Drittel auf das erste und zweite Frühstück entfallen, ein Drittel sollte für das Mittagessen aufgewendet werden und ein weiteres Drittel für Vesper und Abendbrot. Beim Mittagessen gilt die Tellerregel: die Hälfte des Tellers sollte mit Gemüse gefüllt sein, ein Viertel mit Beilagen. Das Stück Fleisch darf so groß sein wie der Handteller des Essers bis zu den mittleren Fingerknöcheln. Achtet sorgfältig auf den unterschiedlichen Energiegehalt der einzelnen Lebensmittel! Gemüse und Obst liefern wenig Energie, dafür aber viele wichtige Vitamine und sollten deshalb ein wichtiger Teil der Ernährung sein.

Im Video findet Ihr außerdem eine Vielzahl wichtiger Tipps, wie in der Alltagsküche Kalorien gespart und so der Energiegehalt von Mahlzeiten reduziert werden kann – vom Ölsprüher über die Tellerkomposition bis hin zu Tipps zum Kochgeschirr gibt es einige Hilfsmittel und Tipps, die die Einhaltung der Energiemengen einfacher macht.

Wir freuen uns auf Euer Feedback – gerne hier oder unter dem Video auf YouTube!

In wenigen Wochen teilen wir den dritten und letzten Teil der Ernährungswebcast-Reihe mit euch: Darin wird es dann vor allem um Alltags-Tipps und Tricks rund um die Ernährung bei PWS gehen.