Familienworkshop am 24. – 26. August 2012 in Göttingen

Kommt ein Kind mit dem Prader-Willi Syndrom zur Welt, stehen die betroffenen Familien vor großen Herausforderungen, denn Menschen mit diesem Syndrom kennen kein Sättigungsgefühl. Ein vom 24.-26. August 2012 in Göttingen stattfindender Workshop der Prader-Willi Syndrom-Elternvereinigung soll junge Familien über diesen seltenen Gendefekt informieren und ihnen entscheidende Hilfestellungen an die Hand geben.

Es ist eine Laune der Natur und trifft etwa 1 von 15.000 Neugeborenen. Das Prader-Willi Syndrom (PWS) gehört zu den seltenen genetischen Erkrankungen, verursacht durch eine Veränderung auf dem 15. Chromosom. Heute erkennen und diagnostizieren Ärzte das PWS häufig bereits in den ersten Lebensmonaten. Um Eltern eines Kleinkindes mit PWS bestmöglich auf die neue Lebenssituation und die besondere Herausforderung aufgrund der Behinderung ihres Kindes vorzubereiten, veranstaltet die Prader-Willi Syndrom Vereinigung Deutschland e.V. vom 24. bis 26. August 2012 zum vierten Mal ein spezielles Workshop-Wochenende. Es findet im Hotel Stresemann in Göttingen statt. „Das PWS ist so selten, dass es nicht nur bei Laien, sondern auch bei Ärzten und Therapeuten relativ unbekannt ist“, erklärt Fachärztin Dr. Constanze Lämmer, die das Wochenende leitet. „Weil das Behinderungsbild aber sehr komplex ist, ist es umso wichtiger, dass die Eltern gut über die wichtigsten medizinischen Fakten und therapeutische Maßnahmen informiert sind.“

Menschen mit PWS kennen kein Sättigungsgefühl

Der Defekt auf dem 15. Chromosom führt beim PWS zu einer Störung im Zwischenhirn, dem Hypothalamus. Sie ist unter anderem dafür verantwortlich, dass Menschen mit PWS kleinwüchsig sind und einen sehr schwachen Muskeltonus haben. Das macht Bewegung für sie sehr anstrengend. Doch vor allem ist sie die Ursache dafür, dass Menschen mit PWS nicht wissen, was „satt sein“ bedeutet. Ihr Hypothalamus meldet ihnen kein Sättigungsgefühl, weshalb sie ihr Essverhalten nicht regulieren können. So entwickeln sie einen unstillbaren Appetit. Lebensgefährliches Übergewicht und entsprechende Folgeerkrankungen, wie Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sind mögliche Folgen einer solchen Ess-Sucht. Auch andere lebensbedrohliche gesundheitliche Situationen können dabei auftreten. Aus diesem Grund müssen Menschen mit PWS mithilfe ihrer Eltern lernen, mit Nahrungsmitteln umzugehen und das Essen möglichst kalorienarm zu gestalten. Übermaß ist tabu und süße sowie fettige Speisen sind die Ausnahmen im Speiseplan von Menschen mit PWS. „Für Eltern kleiner Kinder mit PWS stellt sich jedoch zunächst eine ganz andere Herausforderung“, so die Hildesheimer Ärztin Dr. Lämmer. „Denn so paradox es klingt: Babys und Kleinkinder haben zunächst gar keinen Hunger und können aufgrund ihrer schwachen Muskulatur kaum saugen. Viele müssen in den ersten Wochen mit einer Magensonde ernährt werden, und auch danach dauert es häufig sehr lange, bis sie die notwendige Menge Milch getrunken haben.“

Der Workshop hilft Familien ihre Ernährung umzustellen

Im Mittelpunkt des Workshop-Wochenendes stehen aber nicht nur Fakten rund um das PWS. Für viele Eltern ist es das erste Mal, dass sie persönlich auf andere Familien in der gleichen Lebenssituation treffen und sich austauschen können. Für das Göttinger Wochenende haben sich insgesamt zwölf Familien mit Kindern zwischen sechs Monaten und zwei Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet angemeldet. „Ein Kind mit PWS zu bekommen, stellt häufig einen sehr tiefen Einschnitt in das Familienleben dar“, sagt Dr. Constanze Lämmer. „Deshalb geht es nicht nur darum, alle Familienmitglieder auf eine praktikable und an das  PWS angepasste Ernährung umzustellen. Der Umgang sowohl der Eltern als auch der Geschwister mit der Behinderung des Kindes muss bewältigt werden. Deshalb räumen wir diesen Themen ebenso Platz ein, wie den medizinischen und therapeutischen Sachverhalten. “

Pressekontakt: Inga Koenen (Mitglied des Vorstands der Prader Willi Syndrom  Vereinigung Deutschland e.V.), Tel.: 0157/81804595, ingakoenen@prader-willi.oit.digital

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Das Prader Willi Syndrom:

Ursache des PWS ist ein Defekt auf dem 15. Chromosom, der eine Störung des Hypothalamus hervorruft. Erstmalig beschrieben wurde es 1956 durch die Schweizer Ärzte Prader, Labhart und Willi. Die Ausprägung der vielfältigen Symptome des PWS ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Menschen mit PWS sind charaktervolle Persönlichkeiten. Denn auf der einen Seite gehört zu den vorrangigen Symptomen des PWS neben einem schwachen Muskeltonus und Kleinwuchs ein zwanghafter, unstillbarer Appetit. Er erfordert bereits ab dem Kleinkindalter strengste, lebenslange Essenskontrolle und wird in den Familien häufig zur echten Belastungsprobe. Zudem ist der Kalorienbedarf von Menschen mit PWS um ein Drittel reduziert. Menschen mit PWS verfügen häufig über eine verminderte Intelligenz und haben aufgrund ihrer schwachen Muskelspannung eine eher verwaschene Sprache. Mit zunehmendem Alter und sozialer Interaktion kommt es zu sehr ausgeprägten Trotzphasen. Ihre sehr hohe Emotionalität können Menschen mit PWS zuweilen nicht angemessen zum Ausdruck bringen, was vielfach zu Reibungen mit dem sozialen Umfeld führt. Auf der anderen Seite sind Menschen mit PWS sehr freundlich, humorvoll und warmherzig. Sie gehen gerne auf andere Menschen zu und haben ein starkes Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Aufgrund der notwendigen Essenskontrolle leben Erwachsene mit PWS  in der Regel in einem Umfeld, das diese sicherstellt – entweder in einer Wohngruppe oder bei den Eltern.

 

Die Prader Willi Syndrom Vereinigung Deutschland e.V.

Die Prader Willi Syndrom Vereinigung Deutschland e.V. (PWSVD) ist ein Zusammenschluss von Menschen mit dem PWS und ihren Angehörigen und zählt heute bundesweit mehr als 650 Mitglieder. Neben einer Geschäftsstelle in Celle organisiert die PWSVD die Mitgliederbetreuung in regionalen Gruppen in vielen Bundesländern. Gegründet im November 1991 hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, in der Öffentlichkeit Aufklärung zu leisten und das PWS und seine Behandlungsmöglichkeiten bekannt zu machen. Sie unterstützt Ratsuchende in allen Lebenslagen und fördert Projekte zur Verbesserung der Therapiemaßnahmen. Die PWSVD ergreift Maßnahmen, die diese Ziele unterstützen. Zudem treibt sie die Errichtung und Erhaltung von Wohngruppen und Wohneinrichtungen für Menschen mit PWS voran.